Altersrente für Schwerbehinderte nur im Inland
Die Altersrente für schwerbehinderte Menschen ist eine besondere Form des Nachteilsausgleichs. Sie gibt Menschen mit einer Schwerbehinderung die Möglichkeit, unter verbesserten Bedingungen eine vorgezogene Altersrente mit oder ohne Abschläge zu erlangen. Damit soll nach dem Willen des Gesetzgebers für Schwerbehinderte Menschen ein Ausgleich geschaffen werden, den sie durch ihre Behinderung wirtschaftlich und sozial erleiden. Dies gilt aber nur für eine Altersrente für Schwerbehinderte im Inland.
Die Altersrente für Schwerbehinderte nur im Inland gilt nach einem neuen Urteil des Bundessozialgerichts vom April 2017. Am 12.04.2017 entschied das höchste deutsche Sozialgericht, dass es die Altersrente für Schwerbehinderte Menschen nur mit Inlandsbezug gibt. Das heißt, der Rentenbezieher dieser besonderen Altersrente muss seinen Wohnsitz in Deutschland haben.
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Altersrente für Schwerbehinderte nur im Inland: seit wann gibt es die Rente überhaupt?
Die Altersrente für schwerbehinderte Menschen wurde mit dem Rentenreformgesetz vom 16.10.1972 eingeführt. Bei dieser Rente steht auch die Minderung der individuellen Leistungsfähigkeit zu Grunde, aber auch der Wohnsitz im Inland.
Altersrente für Schwerbehinderte nur im Inland: der Streit vor dem BSG
Der Kläger, 1950 geboren, ist deutsche Staatsangehöriger und lebt seit 1998 in Paraguay. 1969 erlitt er einen Arbeitsunfall und verlor sämtliche Finger der rechten Hand. Er bezieht eine Verletztenrente mit einem MdE von 45 von 100. 1992 stellte sein Versorgungsamt einen Grad der Behinderung von 50 fest. Sein Schwerbehindertenausweis wurde bis 12-2014 verlängert. Der Kläger vollendete das 63. Lebensjahr und beantrage eine Rente für langjährig Versicherte. Die vorher beantragte Altersrente für schwerbehinderte Menschen lehnte die Deutsche Rentenversicherung mit Bescheid ab. Der Kläger habe seinen Wohnsitz in Paraguay und sei deshalb nicht schwerbehindert nach dem § 2 Absatz 2 SGB IX. Sein Widerspruch war erfolglos.
Die 1. Instanz gab ihm Recht. Die Beklagte sollte dem Kläger eine Altersrente wegen schwerbehinderter Menschen gewähren. Das Landessozialgericht sah die Sache anders und hob das Urteil des Sozialgerichts auf. Wissenswertes zum Thema Schwerbehinderung können Sie hier nachlesen!
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Altersrente für Schwerbehinderte nur im Inland: der Bescheid sagt nichts zum Inlandbezug
Der Bescheid des Versorgungsamtes ist das Problem, so das Landessozialgericht. Er habe im Zuammenhang mit der Altersrente nach § 236 a SGBVI nur deklaratorische Wirkung. Die Schwerbehinderung endet kraft Gesetzes immer dann, wenn der Betroffene seinen gewöhnlichen Wohnsitz dauerhaft ins Ausland verlegt. Damit entfällt der Geltungsbereich des Gesetzes.
Zwar steht im § 236 a SGB IX dass die Schwerbehinderung anerkannt worden sein muss. Das Wort „anerkannt“ stellt aus Sicht des Landessozialgerichts ein zusätzliches Erfordernis zum Vorliegen der tatsächlichen Schwerbehinderteneigenschaften aus dem § 2 Absatz 2 SGB IX dar.
Schwerbehinderung gilt auch nach Europarecht
Wer als Schwerbehinderter nach deutschen Recht im europäischen Ausland oder in der Schweiz lebt, ist nach europäischen Recht gleichgestellt. So hat es auch schon das Bundessozialgericht am 05.07.2007, B 9/9a SB 2/06 R und 2/07 R entschieden.
Altersrente für Schwerbehinderte nur im Inland: Urteilsgründe des BSG
Der Kläger legte Revision gegen das Urteil des LSG ein.
Das Bundessozialgericht gab der beklagten Deutschen Rentenversicherung Recht. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung einer Altersrente wegen schwerbehinderter Menschen.
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Zum einen erfüllt der Kläger nicht die Voraussetzungen des § 236 a Absatz 3 SGB VI.
Versicherte können auch dann einen Anspruch auf eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen haben, wenn sie selbst nicht schwerbehindert im Sinne des § 236 a SGB VI sind. Dies ist der Fall, wenn sie vor dem 01.01.1951 geboren sind und bei Beginn der Altersrente berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem Recht sind, was am 31.12.2000 bestand. Dann reicht es für die Versicherten aus, dass sie 63 Jahre alt sind und die 35 Jahre Wartezeit erfüllt haben. Alle diese Voraussetzungen lagen aber beim Kläger nicht vor.
Die Altersrente für schwerbehinderte Menschen gibt es nicht nur, wenn man schwerbehindert ist.
Es reicht aus, wenn man bei Beginn der Rente berufs-oder erwerbsunfähig nach dem alten Recht vor 2001 war und die Wartezeit von 35 Jahren erfüllte.
Das BSG lehnte den Anspruch des Klägers auch aus einem anderen Grund ab.
Zwar hat das Versorgungsamt die Schwerbehinderteneigenschaft mit Bescheid aus 1992 festgestellt und anerkannt. Diese Anerkennung ist für den Rentenversicherungsträger bindend. Aber nur die gesundheitlichen Voraussetzungen der Schwerbehinderteneigenschaft, so das BSG.
Die Schwerbehinderteneigenschaft hat aber nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes, § 2 Absatz 2 SGB IX, einen Inlandsbezug. Dieser ist immer dann gegeben, wenn der Versicherte:
- Seinen gewöhnlichen Wohnsitz im Inland hat
- Gewöhnlichen Aufenthalt oder eine Beschäftigung im Geltungsbereich des SGB IX oder des Europarechts oder eines Rechtes nach einem in einem Sozialversicherungsabkommen gleichgestellten Gebietes hat
Altersrente für Schwerbehinderte nur im Inland: wie ging es weiter?
Der Kläger wohnt seit 1998 dauerhaft in Paraguay. Somit ist ein Inlandsbezug entfallen. Bei Beginn seiner Altersrente am 01.1.2011 hatte der Kläger seinen Wohnsitz in Paraguay. Der Inlandsbezug folgt aus dem Gesetzeswortlaut, der Geschichte zur Gesetzesentstehung sowie dem Sinn und Zweck der Gesetzesvorschrift der Altersrente für schwerbehinderte Menschen.
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Dem Gesetzgeber genügte bei der Anerkennung der Schwerbebinderteneigenschaft offensichtlich nicht nur die Bewertung der gesundheitlichen Beeinträchtigungen (hier gemessen am GdB), sondern auch der Inlandsbezug. §§ 37 und 236a SGB VI knüpfen an die gesetzlichen Bestimmungen der Schwerbehinderteneigenschaft nach § 2 SGB IX an.
Der Gesetzgeber wollte mit dem Schwerbehindertenrecht erreichen, dass die betroffenen Versicherten einen möglichst weitgehenden Ausgleich der Behinderung in Arbeit, Beruf und Gesellschaft haben. Schwerbehinderten stehen besondere Ansprüche auf Teilhabe zu und zwar auch bezogen auf den deutschen Arbeitsmarkt. Dieser Bezug auf den Arbeitsmarkt und die Einbindung der betroffenen Versicherten in den inländischen sozialen und wirtschaftlichen Ordnungsrahmen erklärt den Inlandsbezug der Altersrente für schwerbehinderte Menschen.
Der Schwerbehindertenausweis des Klägers entfaltet nur auf die gesundheitlichen Wirkungen seine Kraft. In Bezug auf die Inlandswirkung nicht.
Unser Fazit!
Wer schwerbehindert ist und in das Ausland verziehen oder dort arbeiten möchte, sollte vorher prüfen, ob er den gleichen Rechtsstatus dort hat, wie in Deutschland. Ein Umzug oder die Verlegung des gewöhnlichen Wohnsitzes kann Folgen für ihn und seinen Arbeitgeber haben. Der Verlust von Teilhaberechten droht in solchen Fällen. Die Rentenberater und Rechtsanwälte von rentenbescheid24.de prüfen Ihre Ansprüche.
Autor des Beitrages
Peter Knöppel
Peter Knöppel ist Rentenberater, Fachanwalt für Sozialrecht und Rechtsanwalt. Er analysiert, erkennt und geht oftmals neue Wege in Sachen Rente.
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