Neue Rechtsprechung zur Statusfeststellung
Seit dem 29.08.2012 hat sich in den Fragen des sozialrechtlichen Status von Gesellschafter-Geschäftsführern, familiengebundenen Geschäftsführern und bei Stimmrechtsverträgen in der Rechtslage einiges geändert. Auf die Kopf-und Seele Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes vom 29.08.2012 und 29.07.2015 haben wir in unserem Renten-ABC hingewiesen. Wir wollen einen generellen Überblick über die „neuen“ Entscheidungen seit 2012 durch das Bundessozialgericht geben.
Statusprüfung, Was ist das eigentlich und worauf man achten sollte.
Die neue Rechtsprechung zur Statusfeststellung durch das Bundessozialgericht ging nicht geräuschlos vorüber. Was früher im statusrechtlichen Sinne kein Problem war, ist heute in der Bewertung recht eindeutig. Fremdgeschäftsführer und minderheitsbeteiligte Geschäftsführer an einer GmbH laufen heute Gefahr als angestellte Arbeitnehmer festgestellt zu werden. Mit zum Teil fatalen Folgen für die GmbH als Arbeitgeber. Immense Beitragsnachforderungen für 4 Jahre drohen. Oft wurde noch versucht, dies abzuwenden, in dem sich die GmbH auf den Vertrauensschutz der „alten Rechtsprechung“ berief. Nicht immer mit Erfolg, wie abgelehnte Nichtzulassungsbeschwerden beim BSG beweisen. Die Rentenberater und Rechtsanwälte von rentenbescheid24.de geben einen kurzen Überblick über die wichtigsten Entscheidungen des BSG seit 2012 zu den Statusfragen bei oben genannten Fallgruppen.
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Neue Rechtsprechung zur Statusfeststellung: Urteile vom 29.August 2012
Das Bundessozialgericht hat in zwei Entscheidungen am 29.08.2012 unter den Aktenzeichen: B 12 KR 25/10 R und B 12 R 14/10 R seine bis dahin unklare Rechtsprechung zur Statusermittlung bei Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer deutlich geschärft.
- Leitentscheidung
In der Leitentscheidung vom 29.08.2012 hatte der leitende Angestellte der GmbH (er war der Sohn des Alleingesellschafters und Geschäftsführers) umfassende Befugnisse bei der technischen und gewerblichen Leitung des Unternehmens. Sein Vater hat ihm gegenüber mit Gesellschafterbeschluss auf sein Weisungsrecht verzichtet. Die Tätigkeit des Betriebsleiters wurde durch die Statusprüfung als nichtselbstständige Tätigkeit des Sohnes festgelegt. Obwohl diese auf Grund seiner Befugnisse frei walten und schalten konnte, wie er wollte.
Das Bundessozialgericht entschied entgegen dem Landessozialgericht, dass die Übertragung der Befugnisse an den Sohn nichts an dessen Rechtsstellung im statusrechtlichen Sinne ändere. Denn die Übertragung des Weisungsrechts des Vaters auf den Sohn bedeute nicht, dass diese nicht den gesellschaftsrechtlichen Weisungsbefugnissen des Vaters unterliege. Die Kontrolle des Vaters als Alleingeschäftsführer sei nicht abdingbar, so das BSG.
- Kommanditgesellschafter mit umfassender Vertretungsmacht
In dem 2. Urteil am 29.08.2012 hatte der Kläger als Hoferbe die Geschäftsführung über ein Betrieb mit 100 Mitarbeitern. Mit einem Anstellungsvertrag wurde er zu einem weiteren Geschäftsführer einer GmbH-& Co.KG berufen. Er dürfe die Gesellschaft nach Maßgabe des Gesellschaftervertrages allein nach außen vertreten.
Das BSG hob ein anderslautendes Urteil des LSG auf und stellte den sozialversicherungsrechtlichen Status des Klägers als abhängig Beschäftigter fest. Allein der Umstand, dass er Alleinvertretungsbefugt war, reicht nicht aus, um eine selbstständige Tätigkeit zu begründen. Es kommt nicht auf die tatsächlichen, sondern rechtlichen Umstände seiner Tätigkeit an. Er unterlag weiterhin der Weisung und Kontrolle der Kommanditisten (Gesellschafter der KG) die bei Geschäften, die über den normalen Bedarf eines Handelsgewerbes hinausgehen, entsprechende Kontroll-und Weisungsbefugnisse haben. Eine stillschweigende Abbedingung kann nicht greifen. Der Kläger hatte auch keine Rechtsstellung mit einer Sperrminorität, die die Weisungen der anderen Gesellschafter hätten blockieren können.
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Das BSG hat sich in den Entscheidungen vom 29.08.2012 von der Kopf-und Seele Rechtsprechung distanziert, weil zu unscharf. Dies ohne Bezug auf die beiden entschiedenen Fälle. Die Clearingstelle nahm aber dieses Obiter Dictum zum Anlass seine Feststellungspraxis bei Familiengeführten GmbH usw. abzuändern. Wobei hier dann ein neuer Streit im Hinblick auf die Frage der Rückwirkung der Rechtssprechung im Rahmen des Vertrauensschutzes entbrannte.
Neue Rechtsprechung zur Statusfeststellung: Urteile vom 29.07.2015 und vom 11.11.2015
In dem Haupturteil vom 29.07.2015, Aktenzeichen: B 12 KR 23/13 R, gab des BSG seine Kopf-und Seele Rechtssprechung endgültig auf. Eine Schönwetter-Selbstständigkeit kann es im Sinne einer klaren Abgrenzung zwischen einer abhängigen und selbstständigen Tätigkeit im Zusammenhang mit § 7 SGB IV nicht mehr geben. Eine Beliebigkeit der Tätigkeit im Rahmen des Status im Sozialrecht ist nicht hinnehmbar. Auch hier hatte das hessische LSG zuvor noch unter Anwendung der Kopf-und Seele Rechtsprechung eine selbstständige Tätigkeit des Klägers angenommen.
In 3 weiteren Entscheidungen vom 11.11.2015 hat das BSG zu unwirksamen Stimmrechtsübertragungen und einem Vetorecht im Geschäftsführeranstellungsvertrag (B 12 R 2/14 R, B 12 KR 10/14 und B 12 KR 13/14 R) gegen eine selbstständige Tätigkeit des leitenden Angestellten und des Minderheitsgesellschafters-Geschäftsführers entschieden.
- Unwirksame Stimmrechtübertragung
Zum einen verstößt die Stimmrechtsübertragung gegen den Grundsatz des gesellschaftsrechtlichen Abspaltungsverbotes. Die Umdeutung in eine widerrufliche Stimmrechtsübertragung reicht nicht aus, weil Einzelweisungen durch die Geschäftsführerin hätten überstimmt werden können.
- Unwirksames Vetorecht
Ein im Geschäftsführervertrag übertragendes Vetorecht reiche nicht aus, denn diese Vetorecht war nach Ansicht der Kasseler Richter für die anderen Gesellschafter nicht bindend. Dieses Vetorecht war nur schuldrechtlicher Natur und jederzeit kündbar. Dies sei nicht mit einer echten Sperrminorität einräumenden Rechtsmacht vergleichbar.
- Unwirksamer Stimmbindungsvertrag
Die Klägerin war als Minderheitsgesellschafterin für ihre GmbH als leitende Angestellte tätig. Ihr Ehemann war der Mehrheitsgesellschafter. Sie schloss mit ihm einen einfachen Stimmbindungsvertrag. Der Klägerin wurde vertraglich die Stimmführerschaft bei der Stimmabgabe eingeräumt. Der Vertrag wurde auf unbestimmte Zeit geschlossen, mit dem Recht zur Kündigung wegen wichtigem Grund.
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Das Landessozialgericht war der Auffassung, dass die Klägerin einen selbstständige Tätigkeit ausübte. Das BSG hob die Entscheidung auf. Die Klägerin sei als leitende Angestellte, trotz Minderheitsbeteiligung an der GmbH, sozialversicherungsrechtlich ein Arbeitnehmer. Sie unterliege der vollen Weisungsmacht des Mehrheitsgesellschafters- ihres Ehemannes. Hieran ändert sich auch nichts durch den Stimmbindungsvertrag. Dieser Vertrag verhindere keine Weisungen im Innenverhältnis durch die GmbH. Sie konnte Weisungen des Geschäftsführers nicht verhindern, die ihr nicht genehm waren. Der außerhalb des Gesellschaftsvertrages geschlossene Stimmbindungsvertrag konnte jederzeit gekündigt werden und zwar aus wichtigem Grund. Dass ihr Ehemann sein Kündigungsrecht nicht ausübte, ist sozialrechtlich ohne Belang. Denn der Ehemann konnte im Konfliktfall seine Mehrheitsbefugnisse auf Grund der Mehrheitsführerschaft der Gesellschaftsanteile nutzen, um den Stimmbindungsvertrag zu kündigen und Beschlüsse gegen seine Ehefrau fassen.
Neue Rechtsprechung zur Statusfeststellung: Urteile 2018
Das Bundessozialgericht bestätigte in seinem beiden Urteilen vom 14.03.2018 seine Rechtsprechung, dass Geschäftsführer einer GmbH regelmäßig als Beschäftigte nach § 7 Absatz 1 SGB IV anzusehen sind. Die Aktenzeichen der beiden Entscheidungen lauten: B 12 KR 13/17 R und B 12 R 5/16 R.
Der Geschäftsführer der zugleich Gesellschafter der GmbH ist, ist immer dann selbstständig beschäftigt, wenn er die Rechtsmacht besitzt, durch Einflussnahme auf die Gesellschafterversammlung die Geschicke der GmbH zu lenken.
Dies ist immer dann der Fall, wenn der Gesellschafter:
- Die Mehrheit an den Gesellschafteranteilen hat,
- Mindestens aber 50 Prozent der Anteile hält,
- oder über eine echte umfassende Sperrminorität verfügt, wenn er weniger als 50 Prozent Gesellschaftsanteile an der GmbH hält, die Sperrminorität muss kraft ausdrücklicher Regelung im Gesellschaftsvertrag vereinbart sein
Im ersten Fall war dem klagenden Minderheitsgesellschafter mit 46,5 Prozent Anteilen eine Stimmbindungsabrede eingeräumt worden. Im zweiten Fall verfügte der Gesellschafter nur über einen Anteil von 12 Prozent.
Das BSG urteilte, dass es nicht darauf ankommen kann, ob der Geschäftsführer der GmbH nach außen weitreichende Befugnisse oder er Freiheiten in seiner Tätigkeit hat. Entscheidend ist die durchsetzbare Einflussnahme auf die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung.
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Neue Rechtsprechung zur Statusfeststellung :Haftungsfalle für Steuerberater
Grundsätzlich kommt es seit 2012 nur noch auf die rechtliche Einordnung der Rechtsmacht des Geschäftsführers oder des leitenden Angestellten in der GmbH an. Hat er die rechtlich nicht verhinderbare Befugnis, ihm nicht genehme Entscheidungen der Allein- oder Mehrheitsgesellschafter jederzeit zu verhindern.
Die BSG-Entscheidungen zeigen deutlich, dass der leitende Angestellte oder Fremdgeschäftsführer der GmbH nicht mehr die Befugnis hat, solche Entscheidungen zu blockieren. Nur der Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer mit echter Sperrminorität kann hier noch eine selbstständige Tätigkeit ausüben. Steuerberater sollten daher genau aufpassen, ob sie in den Fällen des Antragsverfahrens zur Klärung des SV-Pflichtigen Status eines Geschäftsführers als Bevollmächtigte auftreten. Steuerberater dürfen in Antragsverfahren nach § 7a SGB IV ihre Mandanten nicht vertreten. Eine Beratung oder Vertretung in diesen Angelegenheiten durch den Steuerberater ist weder durch das Steuerberatergesetz noch durch das RDG gedeckt. Dies gilt nicht nur für das Widerspruchsverfahren, so ein Urteil des BSG vom 14.11.2013, Aktenzeichen B 9 SB 5/12 R.
Steuerberater dürfen ausdrücklich nur in Angelegenheiten nach §§ 28h, 28p SGB IV bei einer Betriebsprüfung durch die Clearingstelle der DRV ihre Mandanten beraten und vertreten.
Die Abweisung von Steuerberatern ist aus den Urteilen des BSG vom 05.03.2014 unter den Aktenzeichen: B 12 R 7/12 R und B 12 R 4/12 R zu entnehmen.
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Wird der Steuerberater hier tätig, kann er nicht wirksam:
- Widersprüche und Rechtsmittel einlegen, Widerspruchs-und Klagefristen sind dann weg,
- er macht sich unter Umständen wegen eines Verstoßes gegen das Rechtsdienstleistungsgesetzes schuldig, Bußgelder drohen, eventuell kostenpflichtige Abmahnungen durch Rechtsanwälte oder seiner eigenen Steuerberaterkammer drohen,
- er hat keinen Deckungsschutz gegenüber seiner Berufs-Haftpflichtversicherung und
- er haftet bei eingetretenen Schäden mit seinem privaten Vermögen!
Ergebnis der neuen Rechtsprechung!
Es kommt nach der neuen Rechtsprechung nicht mehr auf die tatsächlichen Verhältnisse innerhalb der Tätigkeit eines Geschäftsführers in der GmbH an, sondern auf die Rechtsmacht ihm nicht genehme Beschlüsse der Gesellschafter zu verhindern. Unbeachtlich für die Statusermittlung ist, ob ein Mehrheitsgesellschafter seine Stimmrechtsbefugnisse/Weisungsbefugnisse gegenüber dem Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer tatsächlich ausübt. Dies gilt auch im Verhältnis zwischen dem Geschäftsführer und leitenden Angestellten. Damit dürften sich Stimmrechtsverträge, Übertragungen oder Abreden zwischen den Beteiligten im statusrechtlichen Sinne erledigt haben. Es kommt immer den gesellschaftsrechtlichen und vertraglichen Regelungen immer Vorrang vor den tatsächlichen Regelungen zu, soweit diese nicht wirksam ausgeschlossen sind. Im Zweifel sollte daher immer professioneller Rat und Hilfe von versierten Fachanwälten für Sozialrecht und gerichtlich zugelassenen Rentenberatern von rentenbescheid24.de eingeholt werden.
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Weitere Informationen können Sie zum Thema der SV-Pflicht in Statusfragen hier nachlesen!