Mit der Mütterrente ein Blick zurück in die Vergangenheit schweifen lassen. Wir geben einen historischen Einblick in die Entwicklung der Mütterrente und Kindererziehungszeiten bis zur neuen Mütterrente 2 aus den neuen Gesetzesentwurf zum Rentenpaket 2019 vom 29.08.2018.
In dem Rentenrecht der „alten Reichsversicherungsordnung“ die bis zum 31.12.1991 in dem Bundesgebiet der alten Bundesländer galt, gab es lange Zeit keine besonderen Leistungen für die Zeiten der Kindererziehung.
1900- bis zum 31.12.1985
Wir können daher eine Zeit von 1900 bis 1986 einordnen, in der es keine besonderen Versorgungen für Mütter gab, die Kinder geboren und erzogen haben.
Generell gab es in dieser Zeit Forderungen eine Mutterschaftsversicherung einzuführen. Diese Forderung kam vom Mutterschutzbund, der von Aktivistinnen rund um Ruth Bre´ ins Leben gerufen wurde. Frauen und Mütter waren von ihren Ehemännern bis in die neue Zeit hinein materiell gesehen abhängig, weil sie keiner eigenen Erwerbstätigkeit nachgingen. Dies war „ Männersache“. Daher sollte eine Mutterschaftsversicherung die ersten ökonomischen Freiheiten für Mütter bringen. Die Mittel aus dieser Versicherung sollten durch beide Geschlechter und öffentliche Zuschüsse aufgebracht werden.
Das Babyjahr seit 1986
Erstmals gab es ab dem Jahr 1986 unter dem Schlagwort „ Das Babyjahr“ die Anrechnung einer Kindererziehungszeit in der gesetzlichen Rente in Deutschland. Rechtsgrundlage war das HEZG vom 11. Juli 1985 (Bundesgesetzblatt I S.1450). Mit dem Gesetz zur Neuordnung der Hinterbliebenenrenten, sowie zur Anerkennung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung (HEZG) ist erstmals die Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung eingeführt worden. Der Gesetzgeber wollte die eigenständige soziale Sicherung der Frauen verbessern. Frauen kümmerten sich überwiegend um die Erziehung der Kinder und waren dadurch an einer eigenen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung gehindert. Und konnten somit keine eigenen Rentenanwartschaften aufbauen. Hintergrund des HEZG war ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 12.März 1975, welches dem Gesetzgeber die Neuordnung des Hinterbliebenenrechtes aufgegeben hat. Kindererziehungszeiten beruhen im Kern auf dem im Sozialstaatsprinzip liegenden Familienlastenausgleich.
- aktuellen und rechtlichen Überblick zur Mütterrente 2 (Rentenpakt 13.07.2018)
- verständlich erklärt und sofort anzuwenden
Berücksichtigt wurden die Kindererziehungszeiten in einem Versicherungsfall erstmals ab dem 30. Dezember 1985. Generell gab es nach den §§ 2 a AVG, 1227a RVO und § 29a RKG für die Erziehung eines Kindes eine 12-monatige Pflichtbeitragszeit anerkannt. Begrenzt auf die ersten 12 Kalendermonate nach dem Geburtsmonat.
Die begünstigten Versicherten mussten hierfür keine eigenen Beiträge zahlen. Sie galten als entrichtet. Die damalige Bundesversicherungsanstalt bekam aus dem Bundeshaushalt entsprechende Erstattungen gezahlt. Dies wurde in der Kindererziehungszeiten-Erstattungsverordnung vom 02. Januar 1986 gesetzlich geregelt.
Kindererziehungszeiten vor dem 01. Januar 1986 waren Versicherungszeiten eigener Art, die ohne weiteren versicherungsrechtlichen Voraussetzungen anzurechnen waren. Vor dem 01. Januar 1986 zurückgelegte Zeiten der Kindererziehung wurden nur für zukünftige Versicherungsfälle der Eltern berücksichtigt, die nach 1920 geboren waren. Spätestens aber mit Vollendung des 65. Lebensjahres der Eltern. Der Gesetzgeber hat die Beschränkung allein aus finanziellen Gründen für die Mütter und Väter vorgenommen, die mit Inkrafttreten des HEZG am 01.01.1986 noch nicht 65 Jahre alt waren. Das Bundesverfassungsgericht hat am 07. Juli 1992 diese Regelung für Verfassungsgemäß erklärt.
Damit waren Eltern, die vor 1920 geboren waren aus dem „Rennen“ bei der Kindererziehungszeit.
Erste Änderung 1987
Das HEZG stieß in der Öffentlichkeit auf massive Kritik. Denn es begrenzte den begünstigten Versichertenkreis auf die nach dem 31.12.1920 geborenen Eltern. Daher sah sich der Gesetzgeber genötigt mit dem Kindererziehungsleistungs-Gesetz (KLG) vom 12. Juli 1987 die neuen Regelungen des HEZG nachzubessern. Nunmehr wurden auch ältere Mütter bei der Kindererziehung berücksichtigt und begünstigt.
Es ging vor allem um die Trümmerfrauen, die meistens vor 1921 geboren waren und mit dem Wiederaufbau von Deutschland nach 1945 einen unglaublichen Dienst an der Gesellschaft geleistet haben. Und dies oft verbunden mit der Geburt und Erziehung eines oder mehrere Kinder.
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Anspruchsberechtigt waren nunmehr alle leiblichen Mütter, die selbst vor dem 01. Januar 1921 geboren waren. Sie selbst mussten noch keine Ansprüche auf eine eigene Rente haben. Die Anerkennung der Kindererziehungszeiten war in 4 Stufen gestaffelt:
Für Anspruchsberechtigen Frauen gab es nach dem KLG einen besonderen Zuschlag in der Rente für die Leistung der Kindererziehung. Der Höhe der Leistungen entsprach in seiner ursprünglichen Fassung als monatliche Leistung für die Kindererziehung 75 Prozent des jeweils für die Berechnung von Renten geltenden aktuellen Rentenwertes.
Mit der Einführung des SGB VI wurde diese Reglung in § 295 SGB VI übernommen.
Mit dem Rentenreformgesetz von 1999 wurde die Höhe des Zuschlages angepasst. Nunmehr beträgt dieser das 2-fache des aktuellen Rentenwertes (= 2 x 31,03€).
Im geltenden Sozialgesetzbuch finden wir die Regelungen für die Mütter vor 1921 in den §§ 294 fortfolgende SGB Nr.6.
Bemerkenswert an diesen Regelungen ist der § 299 SGB VI. Dort steht geschrieben: „Die Leistungen für Kindererziehung bleibt als Einkommen unberücksichtigt, wenn bei Sozialleistungen aufgrund von Rechtsvorschriften der Anspruch auf die Leistung oder deren Höhe von anderen Einkommen abhängig ist. Somit werden diese Leistungen nicht auf die Grundsicherung angerechnet! Der Personenkreis der von dieser Regelung profitiert dürfte aber wegen dem Lebensalters äußerst begrenzt sein.
Für nach 1992 geborene Kinder wurden mit dem Rentenreformgesetz 1992 für ein Kind 3 Jahre Kindererziehungszeiten anerkannt. Daneben wurde eine Berücksichtigungszeit von 10 Jahren für die Kindererziehung eingeführt.
1999
Der Fiskus zahlt laut § 177 Sozialgesetzbuch Nr. 6 die Beiträge für die Kindererziehungszeiten an die allgemeine Rentenversicherung allein.
Mit der Mütterrente aus dem Jahr 2014 wurde die Kindererziehungszeit für vor 1992 geborene Kinder auf 2 Jahre verlängert. Für fast 9 Millionen Bestandsrenten wurde auf Grund der Verwaltungsvereinfachung eine pauschale Zuschlagsregelung geschaffen. Dies sorgte damals bei Neurentnern für massiven Widerstand, der auch heute noch fortbesteht. Näheres dazu in den folgenden Ausführungen.
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- Berechnen der zukünftigen Rente
- Rentenhöhe korrekt bestimmen, Rentenverluste vermeiden