Berufskrankheit nach Tuberkulose
Eine Vielzahl an Arbeitnehmern ist verschiedenen Gefahren auf Arbeit ausgesetzt. Dämpfe, Gase, chemische Stoffe, Geräusche, mechanische und psychische Belastungen sind nur einige davon. Besonders medizinisches Personal der Krankenhäuser ist hohen Infektionsrisiken ausgesetzt, mit Folgen für die eigene Gesundheit. Wer in Folge dessen erkrankt, kann es als Berufskrankheit anerkannt bekommen. Dies eröffnet den Betroffenen viele Möglichkeiten. Gute Rehabilitationsmaßnahmen und eine Unfallrente sind Teil der gesetzlichen Ansprüche.
Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als solche bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz begründenden Tätigkeit erleiden.
Fall aus der Praxis zu Berufskrankheiten
Urteil des Landessozialgericht Hessen vom 28.11.2016 (Aktenzeichen: L 9 U 59/14), in dem eine Berufskrankheit anerkannt wurde.
Eine Krankenschwester steckte sich mit Tuberkulose an und hatte schwere gesundheitliche Folgen. Eine Sehminderung des linken Auges war die Folge. Sie beantragte eine Berufskrankheit nach der Nr. 3101.
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Was ist passiert?
Die Klägerin nahm im Jahr 2007 in der Notaufnahme ihres Arbeitgebers einen Tuberkulosepatienten auf. Ca. 6 Wochen später wurde ihr schlecht. Sie hat unter Abgeschlagenheit, Müdigkeit,leichten Temperaturerhöhungen und ständigen Schwitzen gelitten. Daneben kamen Augenbeschwerden hinzu. Sie hatte ständig Lichtblitze in beiden Augen und starke Lichtempfindlichkeit. Das linke Auge büßte an Sehkraft ein.
Seither ist sie bei verschiedenen Ärzten in Behandlung. Es wurden Tuberkulosetests gemacht. Mit negativen und positiven Ergebnissen.
Die Berufsgenossenschaft (Beklagte) wurde eingeschaltet. Bei verschiedenen Röntgenuntersuchungen wurde der Beklagten mitgeteilt, dass die Klägerin 2007 Kontakt mit dem Tuberkulosepatienten hatte.
Gleichzeitig wurde eine beidseitig serpiginöse Chorioiditis (entzündliche Augenerkrankung) diagnostiziert. Nach Auffassung des Augenarztes ist nach dem aktuellen Stand der Forschung ein Zusammenhang zwischen der Augenerkrankung und der Tuberkulose möglich.
Zu der Infektion ist es gekommen, weil der Patient im Jahr 2007 im Beisein der Klägerin ständig gehustet, genossen und geschnupft hatte und ihr sein Patientenkärtchen in die Hand gab. Der direkte Kontakt zu dem Tuberkulosepatienten bestand ca. 8-10 Minuten.
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Antrag auf Feststellung der Berufskrankheit Nr.3101
Bei der Tuberkulose handelt es sich um eine von Mensch zu Mensch durch Schmier- oder durch Tröpfcheninfektion übertragene bakterielle Infektionskrankheit im Sinne der Nr. 3101 der Anlage 1 zur BKV, die durch verschiedene Arten von Mykobakterien verursacht wird.
Die Erkrankung der Klägerin wurde der Berufsgenossenschaft gemeldet. Es bestand zu mindestens der beruflich bedingte Anlass der Tätigkeit der Klägerin, dass hier eine Berufskrankheit vorliegen könnte. Die Beklagte leitete für die Feststellung einer Berufskrankheit eigene medizinische Gutachten ein.
Diese kamen zu dem Ergebnis, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Anerkennung einer Berufskrankheit nach BK-Nr.3101 hat. Es sei der Nachweis einer aktiven Tuberkolose bei der Klägerin nicht gelungen. Dies sei erst durch Nachtests geschehen. Für den Zusammenhang mit der Augenerkrankung reiche dies nicht aus.
Im Jahr 2009 lehnte die Beklagte mit Bescheid die Berufskrankheit ab. Sie begründete ihre Ablehnung damit, dass der Gutachter keine aktive TBC-Erkrankung bei der Klägerin erkennen konnte. Die Augenerkrankung kann nur auf eine aktive Tuberkolose zurückgeführt werden.
Widerspruch und die Klage in der ersten Instanz hatten für die Klägerin keinen Erfolg.
Das Landessozialgericht verurteilte die Beklagte zur Anerkennung der Berufskrankheit.
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Urteilsgründe!
Für die Klägerin ist die Feststellung der Berufskrankheit sehr wichtig. Sie hat nach der Feststellung Anspruch auf weitere Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung, zum Beispiel einer Verletztenrente.
Das Berufungsgericht sagte:
„ Bei der Klägerin ist eine okuläre Tuberkulose, die zu einer serpiginosa-artigen Chorioiditis geführt hat, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen“ (vgl.Urteil vom 28.11.2016, Az:L 9 U 59/14).
Bei der Klägerin wurde die Augenkrankheit durch eine sogenannte okuläre Tuberkulose verursacht. Bei dieser eher seltenen Form der Tuberkuloseinfektion ist das Auge die Tür für den Erreger in den Körper des Menschen. So auch bei der Klägerin.
Der Nachweis der okulären Tuberkulose ist generell schwierig. Sämtliche eingeholte Gutachten haben eine Tuberkuloseinfektion als möglich erachtet. Aber nicht direkt bewiesen. Die Beweisschwierigkeit liegt deshalb vor, weil ein direkter Erregernachweis von Tuberkulosebakterien am Auge der Klägerin nicht erfolgte. Er ist auch nicht mehr nachholbar. Ein solcher Test ist mit erheblichen Risiken verbunden, weil das betreffende Auge mit einer Biopsie untersucht werden muss.
Die Tuberkuloseinfektion war nachgewiesen
Für das Berufungsgericht hatte dennoch keine vernünftigen Zweifel an einer Infektion der Klägerin mit Tuberkulose.
Das Landessozialgericht stützt sich in seinen Urteilsgründen auch auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vom 31.01.2012- B2 U 2/11R). Dass die Tuberkulose nicht zweifelsfrei festgestellt werden konnte, schadet nicht. Es reicht für die Nachweisbarkeit ein für das praktische Leben brauchbarer Grad an Gewissheit.
Und diese Gewissheit hatte das LSG. Es gab der Klägerin Recht.
Unser Fazit:
Medizinisches Personal, Krankenschwestern und Ärzte unterliegen generell einer erhöhten Infektionsgefahr in ihrer versicherten Tätigkeit. Hat der Betroffene eine Infektion erlitten, so wird davon ausgegangen, dass er sich diese bei seiner Arbeit eingefangen hat. Ein Husten mit Folgen. Ob sich die Krankenschwester wieder davon erholen wird, ist nur zu hoffen.
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Wir empfehlen, jede noch so kleine Erkrankung auf Arbeit zu melden und zu dokumentieren.
Wissenswertes hierzu können Sie in unserem Ratgeber „Arbeitsunfall erlitten“ nachlesen.
Sie haben Fragen zum Thema Berufskrankheit oder einer Verletztenrente.